Kalte Aussperrung: Definition, Beispiele, Urteile

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In einer kalten Aussperrung kann ein Unternehmen nicht produzieren, da es von einem streikenden Lieferanten abhängig ist.

Kalte Aussperrung: Definition

In Branchen mit engen Verbindungen kommt es häufig zur Kalten Aussperrung. Dabei geht es nicht darum, dass der betreffende Betrieb selbst aktiv aussperrt, sondern er leidet unter den Folgen von Arbeitskämpfen in anderen Betrieben. Dies wird als mittelbare Betroffenheit oder Fernwirkung bezeichnet.

Aufgrund der kalten Aussperrung entscheidet der Arbeitgeber, die Beschäftigten ohne Bezahlung nach Hause zu schicken, da der Zulieferbetrieb oder Abnahmebetrieb aufgrund eines Arbeitskampfes nicht mehr in der Lage ist, Lieferungen entgegenzunehmen oder zu liefern.

Infografik: Was ist eine kalte Aussperrung? Eine einfache Erklärung. (Foto: Schwarzer.de)

Infografik: Was ist eine kalte Aussperrung? Eine einfache Erklärung. (Foto: Schwarzer.de)

Die betriebliche Sicht: Notwendigkeit der kalten Aussperrung

Unternehmen sehen sich gezwungen, zu kalten Aussperrungen zu greifen, da sie aufgrund fehlender Zulieferteile nicht in der Lage sind, ihre Produktion aufrechtzuerhalten. Diese Aussperrungsstrategie wird oft als Reaktion auf Streiks oder heiße Aussperrungen in anderen Betrieben angewendet.

Was ist angebliche Abhängigkeit?

Oft behaupten Gewerkschaften, dass die Abhängigkeit eines Unternehmens von einer kalten Aussperrung nur eine Vermutung ist. Eine mögliche angebliche Abhängigkeit vom Zulieferer besteht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern stattdessen Aufgaben übertragen könnte, die auch ohne das besagte Bauteil des bestreikten Zulieferers bewältigt werden könnten. Aus wirtschaftlichen Gründen wird dies jedoch nicht getan.

Was ist echte Abhängigkeit?

Wenn ein Unternehmen von kalter Aussperrung betroffen ist, bedeutet dies, dass es vollständig von einem bestimmten Zulieferer abhängig ist, um ein Produkt herzustellen. Ohne das spezifische Bauteil dieses Zulieferers ist es unmöglich, das Produkt zu fertigen. Darüber hinaus gibt es keine Möglichkeit, das halbfertige Produkt ohne das besagte Bauteil zu lagern, und es existieren auch keine anderen wertschöpfenden Tätigkeiten, auf die das Unternehmen umschwenken könnte.

Das Recht auf Streik und Aussperrung

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben als letztes Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen das Recht zu streiken. Das Streikrecht ist jedoch nicht ausdrücklich im Grundgesetz verankert. Die einzige Verfassungsvorschrift, die den Arbeitskampf berührt, ist Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 GG. Allerdings enthält diese Formulierung keine konkreten Regelungen zur Zulässigkeit von Streiks oder Aussperrungen. Aus diesem Grund war es erforderlich, dass das Bundesarbeits- und das Bundesverfassungsgericht eine klärende Entscheidung herbeiführten.

Das Jahr 1955 markierte einen bedeutenden Wendepunkt, als das Bundesarbeitsgericht den Gewerkschaften erstmals das Recht auf Durchführung von Streiks zusprach. Dies war eine wegweisende Entscheidung, da die Gewerkschaften nach mehr als einem Jahrhundert endlich staatlich anerkannt wurden und das Recht auf kollektive Arbeitsniederlegung erhielten. Gleichzeitig stellte das Gericht fest, dass das Streikrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Recht der Arbeitgeber zur Aussperrung ausgeglichen wird.

Arbeitskampf um 35-Stunden-Woche führt zur Aussperrung

Ein bedeutendes Ereignis war der massive Streik im Jahr 1984, bei dem Arbeitgeber zur kalten Aussperrung griffen, um den Forderungen der Beschäftigten nach einer 35-Stunden-Woche entgegenzuwirken. Die Situation wurde dadurch noch verschlimmert, da die Arbeitsämter den Metallarbeitern das Kurzarbeitergeld verweigerten. Schließlich wurde diese Vorgehensweise 1986 von der Kohl-Regierung in Form eines Gesetzes, dem Paragraph 160 SGB III (früher Paragraph 146 SGB III, davor Paragraph 116 AFG), festgelegt. Bis heute setzen sich die Gewerkschaften dafür ein, dass dieser Paragraph zurückgenommen wird.

Beispiele für eine Kalte Aussperrung

  • Nordwürttemberg-Nordbaden erlebte im Jahr 1971 einen bedeutenden Arbeitskampf, bei dem insgesamt 115.000 Beschäftigte in den Streik traten. Die Gewerkschaften schätzen, dass zusätzlich bis zu 250.000 Arbeiter während des Streiks ausgesperrt wurden.
  • Nordwürttemberg-Nordbaden erlebte im Jahr 1978 einen massiven Arbeitskampf, bei dem sich insgesamt 85.000 Beschäftigte am Streik beteiligten. Die Gewerkschaften berichteten zudem von bis zu 132.000 Arbeitnehmern, die während des Streiks von ihren Arbeitgebern ausgesperrt wurden.
  • Ein historischer Streik ereignete sich 1984 in Nordwürttemberg-Nordbaden und Hessen. Während dieses Arbeitskampfes traten insgesamt 57.500 Beschäftigte in den Streik, und deutschlandweit wurden bis zu 372.000 Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern ausgesperrt, wie von den Gewerkschaften berichtet wurde.

Urteile zur Aussperrung

  • Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.11.2018.
    Streikmobilisierung auf Firmenparkplatz.
    Aktenzeichen: 1 AZR 12/17.
  • Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 26.03.2014.
    Ge­werk­schaft­lich or­ga­ni­sier­te, streik­be­glei­ten­de Flashmob-Ak­tio­nen im Ein­zel­han­del.Aktenzeichen: 1 BvR 3185/09
  • Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 26.06.1991
    Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) gilt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
    Aktenzeichen: 1 BvR 779/85

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